Berlin (dapd). Die Zeitschrift „Finanztest“ mahnt zu Vorsicht bei der Geldanlage in geschlossenen Immobilienfonds. Bei einem Test von 58 Angeboten fielen 36 dieser Fonds bereits in der Vorprüfung als zu riskant durch. Von den übrigen 22 Fonds erhielt keiner die Note „gut“ oder „sehr gut“. Vier Fonds benoteten die Tester mit „mangelhaft“, zehn mit „ausreichend“ und nur acht mit „befriedigend“. Auch Vermögende, die den Komplettverlust ihrer Anlage verkraften könnten, sollten höchstens fünf Prozent ihres Besitzes in geschlossene Immobilienfonds investieren, rät „Finanztest“.
Die Finanztester formulierten sechs Kriterien, nach denen sie Fonds von vornherein als zu riskant einstuften. So scheiterten in der Vorprüfung Fonds, die weniger als 80 Prozent der Anlagesumme tatsächlich in Immobilien investieren. Auch Blindfonds, bei denen ein Teil der Immobilienprojekte noch nicht feststeht, und solche mit einem hohen Anteil an Fremdkapital aus Bankkrediten schieden gleich aus. Zum Ausschluss führten auch Kredite in Fremdwährungen und auf Kleinanleger zugeschnittene Ratensparmodelle.
Zudem fielen Fonds gleich durch, deren Initiator die Haftung für den Anlageprospekt auf die Fondsgesellschaft und damit letztlich auf die Anleger übertragen hat. Denn ein geschlossener Immobilienfonds ist rechtlich gesehen eine Gesellschaft von Anlegern, um gemeinsam langfristig in ein oder mehrere große Immobilienprojekte zu investieren. Der Bau wird dabei komplett durch die Einlagen oder teilweise auch über Bankkredite finanziert. Wenn der Fonds genügend Kapital eingesammelt hat, wird er geschlossen. Die Mindestbeteiligung liegt oft bei 10.000 Euro.
Mit der Note „befriedigend“ schnitt im Test der Fonds „FHH Immobilien 12 Studieren & Wohnen“ am besten ab. Bei ihm können Anleger Summen ab 50.000 Euro in Studentenapartments investieren.
Immobilienfonds: Risiko des Totalverlusts
Nach Angaben des Verbands Geschlossene Fonds (VGF) sammelten allein die VGF-Mitglieder von Januar bis Juni über 733 Millionen Euro für Immobilienprojekte in Deutschland ein. Auch VGF-Geschäftsführer Eric Romba riet auf Anfrage von Kleinanlegern, die nur ein Vermögen von 10.000 oder 20.000 Euro hätten, von geschlossenen Immobilienfonds ab. „In allen Prospekten steht: Achtung, Totalverlustrisiko“, sagte er. Für wirklich vermögende Anleger, die das Risiko tragen könnten, seien geschlossene Immobilienfonds jedoch eine gute Möglichkeit, einen Teil ihres Besitzes gegen Inflation abzusichern und zu mehren.
Romba kritisierte die Ausschlusskriterien von Finanztest als „nicht fundiert“. So hätten etwa Immobilienfonds mit einem höheren Anteil von Fremdkapital in der Regel günstigere Ergebnisse für die Anleger erbracht. Zudem sei es etwa üblich, in Prospekten für Fonds mit dem Ziel Mietwohnungsbau nur genaue Kriterien für Bauobjekte festzulegen und diese nicht einzeln aufzuführen, wie „Finanztest“ verlangt.
Immobilienfonds: Bessere Beratung verlangt
Der Teamleiter Finanzdienstleistungen der Stiftung Warentest, Stephan Kühnlenz, sagte, es gebe zudem Probleme bei der Beratung von Fondsinteressenten. Potenziellen Anlegern müsse das Risiko eines Totalverlusts klargemacht werden. Den müssten sie zudem finanziell verkraften können. Auch sollten sich Sparer bewusst sein, dass sie 10 oder sogar 20 Jahre keinen direkten Zugriff auf ihr Geld hätten. Deshalb sei ein geschlossener Immobilienfonds auch ein ungeeignetes Produkt für Kleinanleger, sagte er.
„Finanztest“-Chefredakteur Hermann-Josef Tenhagen sagte, es gebe den Irrglauben, ein Immobilienfonds könne nicht pleitegehen, da es im Zweifel noch die Liegenschaft selbst gebe. Besonders bei Projekten mit einem hohen Fremdkapitalanteil bestehe aber die Gefahr des Totalverlusts, da unter anderem Zinsen bedient werden müssten. Bei geringen Mieteinnahmen oder sogar einem Mietausfall werde dann jedes Jahr Verlust gemacht, bis das Eigenkapital aufgezehrt sei. Insgesamt bewerte „Finanztest“ die geschlossenen Immobilienfonds daher als „sehr riskant“ und nur geeignet für eine enge Zielgruppe, sagte Kühnlenz.
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