Start Aktuelles Neue Pflicht für Hausbesitzer – Abwasserleitungen rechtzeitig auf Dichtigkeit prüfen lassen

Neue Pflicht für Hausbesitzer – Abwasserleitungen rechtzeitig auf Dichtigkeit prüfen lassen

0

Düsseldorf/Hamburg (ddp). Abwasser, das aus undichten Privatleitungen ins Erdreich austritt, ist in den vergangenen Jahren zunehmend zu einem Problem für die Trinkwassergewinnung geworden. «Nach bisherigen Erkenntnissen sind in Deutschland bis zu 90 Prozent der Abwasserkanäle undicht», sagt Jörg Gisselmann, Geschäftsführer des Zweckverbands Ostholstein (ZVO) im schleswig-holsteinischen Ostseebad Timmendorf. Die Dichtheit der Abwasserkanalisation soll deshalb gewährt sein, wie jetzt das Wasserhaushaltsgesetz verlangt – und zwar bundesweit.

Defekte Leitungen bringen sogar auf zweierlei Weise Probleme: Austretendes Schmutzwasser verunreinigt den Boden, während Grundwasser, das durch Risse ins Kanalnetz gelangt, die Kläranlagen zusätzlich belastet. Bis zum Ende des Jahres 2015 müssen daher alle Schmutzwasserleitungen auf privaten Grundstücken und in öffentlichen Rohrnetzen auf Dichtheit überprüft werden. Für die Leitungen auf dem Grundstück einschließlich Übergabeschacht zeichnet nach Gisselmanns Angaben der Grundstückseigentümer verantwortlich, dahinter ist die Gemeinde oder die Stadt in der Pflicht. Bei dezentralen Systemen müssen die Hauskläranlage und die Abwasserleitung auf dem Grundstück bis zur genehmigten Einleitungsstelle untersucht werden.

Nicht alle Haus- und Grundbesitzer dürfen sich mit der Dichtheitsprüfung noch sechs Jahre Zeit lassen. In den Bundesländern und ihren Kommunen gelten verschiedene Ausnahmeregelungen. «In Schleswig-Holstein gibt es eine verkürzte Frist für Grundstücke, die in einem Wassergewinnungsgebiet liegen», erklärt der ZVO-Chef. «Diese endet in einigen Gemeinden schon am 1. August 2010.» In Nordrhein-Westfalen könnten Hauseigentümer in einem «Fremdwasser-Schwerpunktgebiet», wo das Grundwasser in besonderem Maße in defekte Leitungen einzudringen drohe, beim Programm «Abwasser NRW» einen Förderantrag stellen, erläutert Philip Heldt, Experte für Umweltfragen bei der Verbraucherzentrale in Düsseldorf. Die Prüfung und eventuelle Sanierung muss in diesem Fall schon bis Ende 2011 abgeschlossen sein. Vom Land bezuschusst wird dann allerdings nur die Reparatur der Leitungen, nicht aber die Prüfung auf Dichtigkeit.

Laut Heldt können die Kommunen auch im Zuge eigener Arbeiten, etwa der Sanierung ihres Kanalnetzes, von den Hauseigentümern verlangen, schon in dieser Zeit ihre Leitungen prüfen und bei Bedarf reparieren zu lassen. «Aber auch ohne diese Verpflichtung ist es ratsam, sich den öffentlichen Arbeiten anzuschließen», empfiehlt der Verbraucherberater. «So lassen sich die eigenen Kosten senken.»

«Nur zertifizierte Fachunternehmen dürfen die von den Behörden geforderten Prüfnachweise ausstellen», sagt Christian Ahlschwede, Geschäftsführer der Canal-Control + Clean Umweltschutzservice GmbH in Wentorf bei Hamburg, und rät: «Fragen Sie vor der Beauftragung, ob der Dienstleister mit der sogenannten Gütesicherung Kanalbau für die Ausführung von Inspektionen, Dichtheitsprüfungen und Reinigungen zertifiziert ist. Achten Sie außerdem darauf, dass das Kanalservice-Unternehmen das richtige Prüfprotokoll des kommunalen Abwasserverbands verwendet.»

Wer mal eben an der Haustür eine scheinbar äußerst günstige Firma beauftrage, zahle meist drauf, weiß auch Philip Heldt von der Verbraucherzentrale. Die sogenannten Schnäppchen entsprächen oft nicht den Standards; häufig würden teure Folgeuntersuchungen fällig. Zudem machten sogenannte «Kanalhaie» gern Kasse, indem sie angebliche Schäden feststellten, die in Wirklichkeit gar nicht existierten. «Jeder seriöse Betrieb hingegen wird damit einverstanden sein, dass der Kunde über das Angebot in Ruhe nachdenkt und seine Wahl mit Bedacht trifft», sagt Heldt. Nach seinen Angaben kennen die Tiefbau- und Umweltämter in den Gemeinden qualifizierte Betriebe und sind nach dem Gesetz verpflichtet, die Hauseigentümer zu beraten. «Beauftragen Sie nur, was auch notwendig ist», lautet ein weiterer Tipp von Christian Ahlschwede. In der Regel genüge es, wenn die Rohrservicefirma mittels einer speziellen Kamera eine optische Inspektion ausführe. Nur im Zweifelsfall müsse eine weitere Prüfung, beispielsweise mit Luft- oder Wasserdruck, vorgenommen werden.

Deutlich billiger kann die Dichtigkeitsprüfung werden, wenn eine Firma gleich mehrere Anschlüsse in unmittelbarer Nähe kontrolliert. Daher lautet Philip Heldts dringender Rat: «Setzen Sie sich mit den Nachbarn zusammen und fragen Sie bei den Unternehmen, die um Angebote gebeten werden, nach Rabatt für mehrere Überprüfungen.» Zeit und damit Geld spart nach Ahlschwedes Worten auch, wer vorher überprüft, ob der Übergabeschacht, wo die private auf die öffentliche Abwasserleitung trifft, frei zugänglich ist. Oftmals verdecken Rasenflächen, Blumenkübel oder Büsche den Zugang und müssen dann erst von der beauftragten Firma entfernt werden.

Zu langes Zaudern könne sich indessen rächen, warnt Verbraucherberater Heldt: "Mancher Hauseigentümer wird sicherlich dazu neigen, die Prüfung auf die lange Bank zu schieben – vielleicht weil gerade andere Ausgaben anstehen oder auch um den nächsten Kanalcheck – 20 Jahre nach dem jetzigen – so weit wie möglich hinauszuzögern. Das könne sich aber rächen. Denn gegen Ende der Frist 2015 sei damit zu rechnen, dass die Nachfrage und damit wohl auch die Kosten steigen werden.

ddp/tvo/esc