— von Michael Degethof — Über nichts wird im deutschen Mietrecht wohl so häufig gestritten wie über die Frage, wer wann welche Schönheitsreparaturen durchführen hat. Der Dauerzoff zwischenVermietern und Mietern sichert Anwälten und Gerichten ein auskömmliches Dasein. Nach dem Gesetz ist eigentlich der Vermieterin der Pflicht – er muss alle Instandsetzungsmaßnahmen durchführen. Diese Pflicht wird jedoch regelmäßig über den Mietvertrag auf denMieter abgewälzt. Die Krux: Nach Schätzungen des Deutschen Mieterbundes enthält jeder zweite Mietvertrag unwirksame Renovierungsklauseln.
Viele Mietverträge sahen und sehen immer noch vor, dass der Mieter bei Auszug die Wohnung in einem vollständig neu renoviertenZustand zurückzugeben hat. Die Renovierungspflicht bezieht sichdabei sowohl auf das Tapezieren und Streichen von Wänden und Decken,als auch auf die Lackierung von Innentüren, Fensterrahmen undHeizkörpern. Eine Endrenovierung wird oft sogar gefordert, obwohlder Mieter nach dem Vertrag bereits zu regelmäßigenSchönheitsreparaturen während der Mietdauer verpflichtet wurde.Dabei müssen Mieter in derartigen Fallkonstellationen überhaupt nicht renovieren – der BGH hat die entsprechenden Vertragsklauseln in Standardmietverträgen bereits 2003 für unwirksam erklärt (Az.VIII ZR 308/02). Ein Mieter werde durch den Summierungseffekt der beiden Renovierungsklauseln unangemessen benachteiligt, wenn eine Endrenovierung unabhängig von den bereits vorgenommenen Schönheitsreparaturen verlangt werde.
Auch wenn im Mietvertrag starre Fristen vorgegeben werden, nachdenen der Mieter ohne Rücksicht auf den Zustand der Wohnung zu renovieren hat, ist die gesamte Klausel unwirksam – der Mieter muss überhaupt nicht streichen. Nach dem Gesetz obliegt dann wieder dem Vermieter die Durchführung von Schönheitsreparaturen.
Mieter, die trotz ungültiger Vertragsklausel bereits renoviert haben, können von ihrem Vermieter Geld für das verauslagte Material und einen Ausgleich für die aufgewendete Arbeitszeit zurückverlangen (BGH-Urteil vom 27. Mai 2009, Az. VIII ZR 302/07). Bei öffentlich gefördertem Wohnraum dürfen Vermieter allerdings die Miete erhöhen,wenn ihre Mieter sich auf die neue Rechtsprechung berufen und nichtmehr renovieren wollen. Bei freifinanziertem Wohnraum geht das nacheiner Entscheidung des BGH nicht (Az. VIII ZR 181/07).
Beide Vertragspartner tun gut daran, vor einer Beendigung des Mietverhältnisses genau die Rechtslage zu klären. Wurde einewirksame Vertragsklausel zu den Schönheitsreparaturen vereinbart undzieht der Mieter dennoch ohne die notwendigen Arbeiten einfach aus,macht er sich nach einem Urteil des OLG Düsseldorf gegenüber seinemehemaligen Vermieter schadenersatzpflichtig (Az. I-10 U 58/09).Vorher muss der Vermieter seinem säumigen Mieter aber eine angemessene Frist zur Nachholung der erforderlichen Arbeiten setzen.Auch danach muss sich der Vermieter sputen, um seinen Schadengeltend zu machen. Schadenersatzansprüche verjähren innerhalb von sechs Monaten nach Rückgabe des Mietobjektes (OLG Düsseldorf, I-24 U6/08).
Auch Vermieter können sich in die Nesseln setzen, wenn sie ihrenMieter beim Auszug trotz unwirksamer Renovierungsklausel zu Schönheitsreparaturen verdonnern wollen. Nimmt sich der Mieter einen Anwalt, um unberechtigte Ansprüche abzuwehren, muss der Vermieternach Ansicht des Kammergerichtes Berlin (Az. 8 U 190/08) die Anwaltskosten übernehmen, weil er etwas verlangt hat, was ihmrechtlich gar nicht zustand. Übernimmt der Nachmieter die Wohnungmit farbigen Tapeten, geht der Vermieter ebenfalls leer aus – erkann keinen neuen Anstrich verlangen, auch wenn sich der alte Mieter im Mietvertrag zur Rückgabe der Wohnung in unauffälligen Farbtönenverpflichtet hat (Amtsgericht Neuruppin, Az. 42 C 329/07).
Endgültig geklärt ist auch der Dauerstreit um den im Mietvertrag vorgeschriebenen Einsatz von Fachfirmen und sogenannter Farbwahlklauseln. Trifft den Mieter eine Renovierungspflicht, kannder Hauseigentümer nicht verlangen, dass die Arbeiten von einemFachbetrieb ausgeführt werden. Der Mieter muss nach Ansicht des BGHdie Möglichkeit haben, die Schönheitsreparaturen auch selbst zuerledigen (Az. VIII ZR 294/09). Der Vermieter habe nur einenAnspruch darauf, dass die Arbeiten fachgerecht in mittlerer Art undGüte ausgeführt würden – so die Karlsruher Richter. In einerweiteren Entscheidung stellten die BGH-Richter klar, dass Vermieterwährend der Mietzeit keine Vorgaben bei der Farbauswahl für denInnenanstrich machen dürfen (Urteil des BGH vom 20. Januar 2010, Az.VIII ZR 50/09). Pech für die Vermieterin: Da der BGH die Farbwahlklausel im Mietvertrag für unwirksam erklärte, musste die Mieterin überhaupt nicht mehr renovieren. Denn bei Schönheitsreparaturen handelt es sich um eine „einheitliche Rechtspflicht, die sich nicht in Einzelmaßnahmen aufspalten lässt“.Im Klartext: Ist eine Klausel im Vertrag unwirksam, sind dies alle.
dapd.djn/mid/mwo