– von Karl Lohmann – Bauunternehmen werben gern mit Häusern zu günstigen Festpreisen und mit fixen Einzugsterminen. Rund Dreiviertel aller Einfamilienhäuser werden heute schlüsselfertig gebaut. Darunter stellt sich mancher Käufer ein Rundum-Sorglos-Paket vor, bei dem er am Ende nur noch den Schlüssel im Schloss umdrehen muss und schon steht er in seinem Traumhaus. Von Baustress und Terminverzögerungen bleibt er verschont. Um diese Details kümmert sich ja die Baufirma. Doch die Realität ist eine andere.
Nach Erfahrungen des Verbands Privater Bauherren (VPB) weisen zwei Drittel aller Bauverträge für Schlüsselfertigimmobilien eklatante Mängel auf. „Es gibt keine verbindlichen Vorschriften für die Vertragsgestaltung bei schlüsselfertigen Häusern“, erklärt der VPB-Vorsitzende Thomas Penning. „Deshalb fehlen oft elementare Dinge wie Anschlüsse für Gas, Wasser und Strom oder Erdarbeiten, obwohl sie doch zu einem wirklich schlüsselfertigen Haus gehören würden.“ Die müssen Bauherren dann zusätzlich bezahlen.
Schlüsselfertiges Bauen ist eine reine Werbebotschaft
Schlüsselfertige Häuser sind nicht mit Fertighäusern zu verwechseln. „Das ist ein relativ geordnetes Segment, in dem vorgefertigte Häuser errichtet werden„, sagt Eva Reinhold-Postina, Sprecherin des VPB. „Schlüsselfertiges Bauen ist dagegen nicht klar definiert. Es ist eine reine Werbebotschaft, die jedes Unternehmen auslegt, wie es will. Bauherren sollten sich davon nicht irritieren lassen und alle Details im Bauvertrag sowie in der Bau- und Leistungsbeschreibung verbindlich regeln.“
Die aktuelle Rechtsprechung geht davon aus, dass die Begriffe „schlüsselfertig“ oder „komplett“ nicht automatisch bedeuten, dass alle Leistungen pauschal enthalten sind.
Der BGH entschied, dass bei einer als „schlüsselfertig“ angebotenen Leistung nicht automatisch zulasten des Unternehmers von einer grundsätzlich komplett pauschalierten Leistung ausgegangen werden kann (Aktenzeichen: BGH VII ZR 194/06). Keinesfalls, betont der BGH, erschließt sich der Inhalt einer Leistungsverpflichtung des Auftraggebers aus einem phrasenhaften Begriff wie „schlüsselfertig“ oder „komplett“, sondern aus dem Kontext des gesamten Vertrags.
Unabhängiger Berater schützt vor groben Missverständnissen
„Um eine Kosten- und Preissicherheit zu bekommen, müssen Bauherren jeden einzelnen Posten in die Bau- und Leistungsbeschreibung aufnehmen lassen„, erläutert der Geschäftsführer des Bauherren-Schutzbunds (BSB), Rainer Huhle. Dabei sollten sie unbedingt einen unabhängigen Berater einbeziehen. Denn die Vorgaben mancher Baufirmen sind sehr dünn. „Da fehlen zum Beispiel Angaben über die Bauplanung oder Bauleitung„, erklärt der BSB. „Wenn die nicht ausdrücklich vertraglich vereinbart werden, muss der Bauherr sie später gegen Honorar dazukaufen.“
In vielen Planungsunterlagen seien außerdem technische Nachweise über Energieeffizienz oder Gesundheitsverträglichkeit der Immobilie nicht vorhanden. „Zu viele Bau- und Leistungsbeschreibungen sind unvollständig, mangelhaft und zu allgemein„, sagt Huhle.
Bauherren: Auch Details in den Bauvertrag aufnehmen
Grundsätzlich rät er Bauherren, alles, was viel Geld kostet und Konsequenzen für die Planung hat, im Bauvertrag festzuschreiben. Kleinere Änderungen wie der nachträgliche Einbau eines zweiten Kamins lassen sich dann immer noch zusätzlich realisieren.
Es ist ein ungleiches Verhältnis zwischen den Anbietern und den Bauherren, die sich meist nur einmal im Leben mit der Materie befassen und deshalb viele Tricks der Baufirmen nicht durchschauen können.
„Es gibt keine rechtlichen Vorschriften zum Inhalt oder zur Gestaltung von Bauverträgen. Bauverträge unterliegen der sogenannten Vertragsgestaltungsfreiheit. Die Parteien können sie nach eigenen Vorstellungen formulieren„, erläutert der VPB.
Die Baufirmen lassen sich vom Rechtsanwalt hieb- und stichfeste Vertragsentwürfe ausarbeiten, die sie dann dem Hauskäufer vorlegen. Diese Verträge berücksichtigten natürlich in erster Linie die Interessen der Unternehmer, was deren gutes Recht ist, betont der VPB.
Download Ratgeber Mindestanforderungen an die Bau- und Leistungsbeschreibung
Eine erste Orientierung, was alles in einen Bauvertrag hineingehört, bietet den Bauherren der Ratgeber „Mindestanforderungen an die Bau- und Leistungsbeschreibung„ des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung mit einer Checkliste. Aber sie kann eine individuelle Beratung nicht ersetzen.
Erstveröffentlichung: September 2011 kl/dapd.djn/kaf/ph