Heidelberg (ddp). Ein weiteres deutsches Gericht hat eine Hausbank wegen falscher Beratung eines Bankkunden über Papiere der insolventen US-Bank Lehman Brothers zu Schadenersatz verurteilt. Das Landgericht Heidelberg entschied in einem am Donnerstag veröffentlichten Urteil, dass die Bank den Kaufpreis für die Papiere «Zug um Zug gegen Rückgabe der gekauften Zertifikate» zurückzahlen muss.
Die Bank hatte den Kunden, der eine konservative Anlagestrategie verfolgte, «nicht darüber aufgeklärt, dass die verkauften Lehman-Zertifikate nicht von einem Einlagensicherungssystem gedeckt sind», wie es zur Begründung hieß. So habe der Kunde durch den Kauf der Lehman-Zertifikate von einer «gesicherten» Anlage wie Festgeld und Giro-Einlage in eine «ungesicherte» Anlage gewechselt.
Zudem habe die Bank nicht darauf hingewiesen, dass sie durch den Verkauf der Zertifikate selbst einen Gewinn erzielte und damit ein eigenes Umsatzinteresse hatte. Dadurch sei für den Kunden «der Interessenkonflikt der Bank im Rahmen der dem Kunden geschuldeten neutralen Beratung nicht erkennbar» gewesen.
Beides wertete das Gericht «als schuldhafte Pflichtverletzung des Beratungsvertrages». Zudem vertrat die Kammer die Auffassung, dass der Kunde bei erfolgter Aufklärung die angebotenen Finanzprodukte nicht gekauft hätte. Daher sei ihm bereits durch den Erwerb ein Schaden entstanden, der unabhängig von der Kursentwicklung durch die Bank auszugleichen sei. Die Richter urteilten auf Basis mehrerer Entscheidungen des Bundesgerichtshofs. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Die New Yorker Bank Lehman Brothers war im September 2008 in Insolvenz gegangen, zahlreiche Anleger verloren ihr Geld. In meist noch nicht rechtskräftigen Gerichtsurteilen wurden in Deutschland namhafte Banken und Sparkassen zu Schadenersatz verpflichtet. Die Lehman-Brothers-Pleite, die die weltweiten Finanzmärkte in bisher nicht gekanntem Ausmaß erschüttert hatte, gilt als Höhepunkt der Finanzkrise.
(Urteil vom 15. Dezember 2009; AZ: 2 O 141/09)
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