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Baugemeinschaft – Individuell und trotzdem gemeinsam

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Hamburg/Berlin (dapd). Der Einstieg in eine schon bestehende Wohnungseigentümergemeinschaft kann ein Risiko sein: Nur schwer ist abzuschätzen, wie sich das Zusammenleben mit den Nachbarn gestaltenwird. Deshalb entscheidet sich eine wachsende Zahl von Bauherren für ein eigenes Projekt mit mehreren Partnern. Besonders junge Familien reizt die Vorstellung, mit Freunden und Bekannten nachbarschaftlich unter einem Dach zusammenzuleben. Baugemeinschaften ermöglichen vor allem in größeren Städten interessante Projekte. „Wer wegkommen will vom Einfamilienhaus mit Garten hin zu mehrgeschossiger städtischerArchitektur, für den sind sie das Mittel der Wahl“, meint Klaus Kellhammer, stellvertretender Vorsitzender des Verbandes Privater Bauherren (VPB). Allerdings sollte man sich vorher genau überlegen,ob man wirklich der Typ dafür ist. Und man sollte sich genau anschauen, mit wem man baut. „Es gibt gute Gemeinschaften, aber manche sind auch heillos zerstritten“, weiß der Experte.

„Die Pläne für eine Bauherrengemeinschaft entstehen oftmals inder Familiengründungsphase oder kurz vor der Einschulung derKinder“, weiß Uwe Henning, Mitarbeiter der Agentur fürBaugemeinschaften in Hamburg aus langjähriger Erfahrung. Aber auchÄltere seien durchaus dafür offen. Oft gehe die Initiative von einerkleinen Gruppe aus, die sich Mitstreiter im Bekanntenkreis, unterArbeitskollegen oder durch Kontakte in Vereinen, Kindertagesstättenoder Schulen suche.

Mehr als 20 Beteiligte sollten es aber nicht sein, empfiehlt dieHamburger Agentur. In der Hansestadt werden seit 20 Jahren solche Gemeinschaftsprojekte von der Stadt unterstützt. Am besten bewährensich Baugemeinschaftsgruppen mit 3 bis 20 Haushalten. Dann sindpersönliche Kontakte und kurze Entscheidungswege möglich.

Zwtl: Viel Raum für individuelle Wünsche

Der Vorteil einer Bauherrengemeinschaft ist, dass jeder Eigentümer von Anfang an mitbestimmen kann, wie sein neues Heim aussehen soll. Auch besondere Ideen wie ein Gemeinschaftsraum, eineSauna oder eine Werkstatt für alle lassen sich realisieren. „In derBaugemeinschaft besteht die Chance, besonders familien- undkinderfreundlich zu bauen, zum Beispiel die Kinderzimmer in derpassenden Größe einzuplanen und die Grundrisse so zu gestalten, dasssie sich den sich verändernden Bedürfnissen anpassen“, sagt UweHenning. Außerdem ist das gemeinsame Bauen meist preisgünstiger, alswenn jeder für sich allein bauen würde.

Allerdings muss die Chemie stimmen, damit das Leben vielerFamilien unter einem Dach so harmonisch verläuft, wie es sich dieBeteiligten erträumt haben. Schon in der Planungs- und Bauphaselauern Fallen. „Wenn einer aussteigt, stehen die anderen da undmüssen für die Schulden aufkommen“, warnt VPB-Experte Kellhammer.“Um sich für solche Fälle abzusichern, ist es unerlässlich, einengemeinsamen Vertrag als Planungsgemeinschaft aufzusetzen und voneinem erfahrenen Juristen prüfen zu lassen.“

Zwtl: Entscheidungsprozesse in der Gruppe klären

Bauherrengruppen, die sich in Hamburg um ein stadteigenes Grundstück bewerben, müssen sich und ihr Projekt im Rahmen eines Bewerbungsverfahrens vor der Agentur für Baugemeinschaftenpräsentieren. Hierbei werden Kriterien wie beispielsweise dieStabilität und Sachkenntnis der Gruppe, die Tragfähigkeit desFinanzierungskonzepts und die Qualität des energetischen undökologischen Konzepts bewertet. „Wichtig ist, sich Klarheit darüberzu verschaffen, wie die Entscheidungen getroffen werden sollen“,erklärt Uwe Henning. „Es muss festgelegt werden, wer stimmberechtigtist, wie verbindlich die Entscheidungen für alle sind und welcheMehrheiten notwendig sind.“ Sinnvoll sei es, eine Steuergruppe ausdrei bis fünf Personen zu wählen, die das Vertrauen der gesamtenGemeinschaft hat und für sie die Entscheidungen trifft.

Das Kompetenzzentrum der Initiative „Kostengünstigqualitätsbewusst Bauen“ (KKQB) empfiehlt in seiner Broschüre“Baugemeinschaften“ ebenfalls eine frühzeitige und klareAufgabenverteilung. Sie könnte beispielsweise nach den BereichenOrganisation, Finanzen, Recht, Gestaltung und Technik vorgenommenwerden. Unbedingt sollte ein erfahrener Rechtsbeistand beteiligtwerden, der die rechtlichen Vereinbarungen entwirft und denInteressen der Gemeinschaft anpasst. Für die Prüfung vonFinanzierungsmöglichkeiten und -konditionen empfiehlt es sich, einenverlässlichen und unabhängigen Finanzierungsberater hinzuzuziehen.

„Zwar hat jede Baugruppe irgendwann einmal ihre Krise, aber amEnde schaffen es die meisten“, ist Uwe Hennings Erfahrung. „Wenn siees bei uns erst einmal bis zum Zuschlag für das Grundstück geschaffthaben, werden die Pläne auch realisiert.“ Ein bis anderthalb Jahrenach dem Grundstückskauf könnten die Familien in der Regel in ihrneues Heim einziehen.

dapd/kaf/esc