Mieter muss nicht während der Mietzeit Decke weiß streichen – BGH kippt erneut Farbwahlklausel in Mietvertrag
–Von Norbert Demuth– Ein Vermieter darf einen Mieter nicht dazu zwingen, während der Mietzeit die Decken und Wände der Wohnung in Weiß zu streichen. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe entschieden.
Der BGH erklärte damit erneut eine in einem Mietvertrag enthaltene Farbwahlklausel bei Schönheitsreparaturen für unzulässig. Sie benachteilige den Mieter unangemessen, weil sie ihn auch während des Mietverhältnisses zu einer Dekoration in einer ihm vorgegebenen Farbwahl verpflichte. Dadurch werde der Mieter in der Gestaltung seines persönlichen Lebensbereichs eingeschränkt, ohne dass dafür ein anerkennenswertes Interesse des Vermieters bestehe. Anders sei dies nur, wenn sich die Klausel auf eine bloße Endrenovierungspflicht des Mieters beschränke.
Im vorliegenden Fall hatten die Mieter sechs Jahre lang in Berlin eine Wohnung in einer Villa aus den 1920er Jahren bewohnt. Nach dem Formular-Mietvertrag mussten sie auch während des laufenden Mietverhältnisses die Stuckdecken und die Oberwände – also die Wandfläche oberhalb der umlaufenden Stuckleiste – in Weiß streichen. Dies lehnten sie ab. Stattdessen strichen sie die Wohnung samt Decken und Oberwänden in «Schreifarben» wie Grün, Orange und Rot, wie der Anwalt des Vermieters sagte.
Mit seiner Klage verlangte der Vermieter nach Beendigung des Mietverhältnisses Schadenersatz in Höhe von 19 000 Euro wegen unterlassener Schönheitsreparaturen und Beschädigung der Mietsache. Während das Amtsgericht Schöneberg dem Vermieter diese Summe zuerkannte, wies das Landgericht Berlin die Zahlungsklage ab. Die Revision des Vermieters hatte nun keinen Erfolg. Der BGH entschied, dass die Klausel unwirksam sei und daher ein Schadenersatzanspruch wegen unterlassener Schönheitsreparaturen nicht bestehe.
Mietvertrag: Farbwahlklausel bei Schönheitsreparaturen unwirksam
Der BGH verwies auf seine bisherige Rechtsprechung. Demnach ist eine Klausel unwirksam, die den Mieter verpflichtet, die Schönheitsreparaturen in «neutralen, hellen, deckenden Farben und Tapeten auszuführen», wenn sie nicht auf den Wohnungszustand bei Rückgabe beschränkt ist – also auf die Endrenovierung. Damit folgte der BGH den Argumenten des Mieter-Anwalts, der sich gegen ein langjähriges «Diktat» des Vermieters wandte und betonte, es sei «nicht Aufgabe des Mietvertrages, Geschmack zu regeln».
Der Anwalt des Vermieters hatte geltend gemacht, ein Anstrich in einer anderen Farbe als Weiß sei ein «Eingriff in die Substanz» der «schönen alten Berliner Villa». Alles, was nicht weiß sei, könne nicht einfach übermalt werden, sondern müsse mühsam entfernt werden. Der BGH sah deswegen aber kein legitimes Interesse des Vermieters an einem Wand- und Deckenanstrich allein in der Farbe Weiß.
Schließlich klärte der BGH, ob der etwas altmodische Begriff «Weißen» nur allgemein das Streichen und Tünchen von Decken und Wänden bedeutet oder eine Farbvorgabe für einen weißen Anstrich enthält. Denn laut Mietvertrag sollten die Schönheitsreparaturen «das Weißen» der Decken und Oberwände umfassen. Laut BGH ist es nicht fernliegend, unter dem Begriff «Weißen» einen Anstrich in weißer Farbe zu verstehen. Der Anwalt des Vermieters hatte zur Klärung dieses Streitpunkts sogar ein sprachwissenschaftliches Gutachten angefordert. Der BGH machte aber klar, dass das nicht nötig sei.
(AZ: VIII ZR 344/08 – Urteil vom 23. September 2009)
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