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Garten: Besser ohne Torf

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– von Sebastian Stoll –  Dass Strom nicht einfach aus der Steckdose kommt und Fleisch nicht aus dem Supermarkt, ist inzwischen den meisten Verbrauchern bewusst. Weniger bekannt dürfte vielen Menschen dagegen die Herkunft ihrer Blumenerde sein: Der Torf, den diese enthält, ist nämlich ähnlich wie Erdöl eine begrenzte Ressource. Zudem schadet Torfabbau Naturschützern zufolge dem Klima und der Umwelt. Doch auch ohne Torf lässt sich ein Garten zum Blühen bringen – vorausgesetzt, man ist für das Thema genügend sensibilisiert.

„Der Vorteil von Torf liegt darin, dass er immer gleich nährstoffarm ist. So lässt sich die Zusammensetzung eines Substrats gut einstellen“, sagt Heidrun Heidecke vom Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) in Berlin. Erde, die Torf enthält, ist demnach von immer gleicher Qualität und Beschaffenheit, je nach Wunsch des Herstellers. Das ist vor allem in der Landwirtschaft von Vorteil. „Hobbygärtner benötigen aber definitiv keinen Torf. Das ist eine alte Auffassung“, sagt Heidecke. Dennoch bestehen nach BUND-Angaben konventionelle Erden bis zu 90 Prozent aus Torf.

Zerfallsprodukt aus dem Moor

Bei Torf handelt es sich um ein Zerfallsprodukt. Er entsteht in Mooren aus abgestorbenen Pflanzenteilen, zumeist aus Moosen – und zwar sehr langsam: „Für eine Schicht Torf ist ein Wachstum von einem Zentimeter in hundert Jahren ein normaler Wert“, sagt Heidecke. Doch nicht nur wegen seines begrenzten Vorkommens ist Torf ein kostbarer Rohstoff: Um ihn zu gewinnen, müssen Moore zerstört werden – und mit ihnen nicht selten der Lebensraum seltener Tier- und Pflanzenarten. Da Torfmoose sich äußerst langsam zersetzen, binden sie zudem das Klimagas CO2. „Wird nun ein Moor trockengelegt, kommt Sauerstoff an die Masse und das CO2 wird frei. Das ist durchaus klimarelevant“, führt Heidecke aus. „Wir gehen davon aus, dass aus den Mooren mehr CO2 freigesetzt wird als durch Verkehrsemissionen.“

Keine Kennzeichnungspflicht

Wer auf Torf verzichten will, der hat es leichter als noch vor ein paar Jahren. Immer mehr Handelskette nehmen nach BUND-Angaben Erden ohne den Rohstoff in ihrem Sortiment auf, oft zu Preisen, die denen konventioneller Erde vergleichbar sind. Allerdings kann man torfhaltige wie -freie Erden nicht immer auf den ersten Blick auseinanderhalten, da es überhaupt keine Kennzeichnungspflicht gibt: „Man sollte als Konsument daher gezielt nachfragen“, rät Heidecke. Vereinzelt würden auch Substrate mit dem Attribut „torfreduziert“ angeboten. Vom Kauf dieser Erden rät der BUND aber ab. „Ein bisschen tot ist immer noch tot“, sagt Heidrun Heidecke und verweist darauf, dass der Torfanteil dieser Produkte bei bis zu 70 Prozent liegen könne. Auch sei der immer wieder verwandte Begriff „Bio“ – anders als bei Lebensmitteln – nicht geschützt und sage überhaupt nichts über die Erde aus.

Ersetzt wird der Torf in den Erden zumeist durch eine ganze Reihe von Substanzen: „Zuallererst natürlich durch Kompost“, sagt Dieter Lohr von der Staatlichen Forschungsanstalt für Gartenbau Weihenstephan in Freising. „Des Weiteren bieten sich Holzfasern beziehungsweise Holzhäcksel, Rindenhumus und verschiedene Kokosprodukte an.“ Zwar hätten alle diese Substanzen für sich genommen Nachteile gegenüber Torf. „Verschiedenste Mischungen aus diesen Stoffen haben ihre Eignung zum Beispiel als Balkonkastensubstrat aber in einer Vielzahl von Versuchen unter Beweis gestellt und sich herkömmlichen Torfsubstraten als ebenbürtig erwiesen“, sagt Lohr. Wichtig sei nur, auf das Gütesiegel mit der Aufschrift „RAL“ zu achten, welches das Deutsche Institut für Gütesicherung und Kennzeichnung vergibt.

Sparwillige können BUND-Expertin Heidrun Heidecke zufolge große Teile ihrer Erde auch bei den städtischen Kompostwerken beziehen, welche die Reste des Blumenschnitts nicht selten an Endverbraucher verkaufen. „Das ist oft viel günstiger“, sagt Heidecke, lohne sich aber erst bei einem größeren Garten. „Wenn man vernünftig wirtschaftet, braucht man ohnehin keine Fremderde“, sagt sie und empfiehlt, Pflanzen auf einem Gemisch aus Gartenerde und Kompost zu kultivieren, als Auflockerung für den Boden könne zudem etwa Rindenmulch dienen.

Auch der Freisinger Wissenschaftler Dieter Lohr hält die umfassende Verwendung von Kompost für eine gute Alternative zum Torf, rät aber davon ab, ausschließlich auf den eigenen Haufen zurückzugreifen – jedenfalls, wenn die Verwendung als Substrat geplant ist. „Die Nährstoff- und Salzgehalte können hier unter Umständen recht hoch sein und nicht immer werden die für eine vollständige Hygienisierung notwendigen Temperaturen erreicht“, erläutert er. Sinnvoll sei dagegen der Einsatz als organischer Dünger. „Phosphat- und Kaliumdünger können dadurch vollständig eingespart und damit auch wertvolle Ressourcen geschont werden“, sagt Dieter Lohr.

dapd/ses/esc