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Jugendstilfassade kein Hindernis – Baudenkmäler energetisch sanieren

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— von ddp.djn-Korrespondentin Katja Fischer — Karlsruhe/Berlin. Die energetische Sanierung eines denkmalgeschützten Gebäudes ist eine logistische Herausforderung. Denn von außen darf man dem Haus mit der attraktiven Fassade sein modernes Innenleben möglichst nicht ansehen. Viele Hausbesitzerscheuen deshalb den Aufwand, spüren aber immer stärker angesichts steigender Energiepreise, dass sich auch baukulturelle Denkmälerlangfristig nur mit vertretbaren Heizkosten bewirtschaften lassen.

Dass eine Sanierung möglich ist, zeigen etliche denkmalgeschützte Altbauten, die schon hundert Jahre und mehr auf dem Buckel haben.«Ziel einer Sanierung sollte sein, Denkmalschutzinteressen mit denEnergieeinsparmaßnahmen in Einklang zu bringen», erklärt Claudia Ristvom Landesprogramm Zukunft Altbau des Ministeriums für Umwelt, Naturschutz und Verkehr Baden-Württemberg, das Hausbesitzer bei ihren Projekten unterstützt.

Der Verband privater Bauherren empfiehlt, vor der Sanierung von einem Sachverständigen ein Gutachten erstellen zu lassen, in dem dieBesonderheiten des Gebäudes und die Wirkung der geplanten Maßnahmenauf die Substanz genau analysiert werden. Nur so können alle Auflagenerfüllt und Bauschäden vermieden werden. Unentbehrlich sei auch diesorgfältige Betreuung der Baustelle und die Wahl der Spezialisten.Denn nicht jede Firma könne ein Baudenkmal sanieren, vielen fehle dasKnow-how.

Die besondere Aufgabe besteht darin, die originale Bausubstanz unddas historische Erscheinungsbild weitgehend zu erhalten, meintGerhard Freier von der Ingenieurkammer Baden-Württemberg. «So dürfenetwa Jugendstilfassaden aus der Jahrhundertwende nicht einfach hintereiner Wärmedämmung verschwinden.» Voraussetzung für die Sanierung denkmalgeschützter Gebäude sei, dass bei der Planung alle Beteiligten, von der Denkmalschutzbehörde über Architekten,Fachplaner, Bau- und Energieexperten, Handwerker bis zu den Nutzern eng zusammenarbeiten.

Eine denkmalgeschützte Fassade muss kein Hindernis für eine gute Wärmedämmung sein, meint Gerhard Freier. Bei einer Blockrandbebauungist oftmals nur die Fassade zur Straße hin gegliedert und liebevollverziert. Die Fassade zum Hof und zum Nachbargebäude dagegen istlediglich verputzt. «In diesen Fällen kann die Hoffassade von außen gedämmt werden. Zur Straßenseite besteht die Möglichkeit der Innendämmung», so der Experte. Wichtig sei, dass Material und Konstruktion der Wand aufeinander abgestimmt und bauphysikalisch geprüft werden. Wird eine Fassade von innen gedämmt, empfiehlt sichder Einsatz von Calciumsilikat- oder Mineraldämmplatten.

Auch die neuen Fenster sollten nach außen hin nicht auffallen.Energiesparfenster mit einem breiteren Rahmen werden in der Regel vonder Denkmalschutzbehörde abgelehnt. Aber die alten Fenster können unter Einsatz von Wärmeschutzverglasung nachgebaut oder dievorhandenen Fenster restauriert werden.

Die Wärmedämmung von Dach und Kellerdecke ist meist ohneBeeinträchtigung des äußeren Erscheinungsbilds machbar. Ist derDachstuhl nicht ausgebaut, besteht die Möglichkeit, einfach dieoberste Geschossdecke zu dämmen. «Geht das nicht, kann zwischen undunter den Sparren gedämmt werden. So bleiben die Optik und Proportiondes Gebäudes erhalten», rät Gerhard Freier. Die Dämmung der Kellerdecke von unten können Hausbesitzer sogar selbst vornehmen.

Unproblematisch ist im Baudenkmal der Austausch der Heizung.Selbst erneuerbare Energien wie der Einsatz von Holzpelletkesseln sind kein Problem. Nur bei Solaranlagen auf dem Dach gibt es oft Hindernisse. Aber unmöglich ist es nicht, sie auf denkmalgeschützten Gebäuden zu installieren.

Ein entsprechendes Urteil des Verwaltungsgerichts Braunschweig besagt, dass das zulässig ist, soweit das Bauwerk dadurch nicht so verändert wird, dass der Denkmalwert wesentlich beeinträchtigt wird(AZ: 2 A 180/05). Im verhandelten Fall durfte der Bauherr auf seinem um 1802 errichteten Fachwerkhaus in 4-Ständerbauweise eineSolaranlage anbringen. Der Denkmalschutz sei dadurch nicht gefährdet, meinten die Richter. Zumal die blauschwarzen Kollektoren nur etwa einViertel der Fläche des Süddaches einnehmen und von der üblichen roten Dachfarbe noch ein beträchtlicher Teil als historischer Schauwert sichtbar bleibt.

ddp.djn/kaf/mwo