Selbst langjährige Mieter können ihre Wohnung von heute auf morgen verlieren, wenn der Vermieter selbst Anspruch darauf anmeldet. Eigenbedarf ist eine der wenigen Möglichkeiten, Mietern zu kündigen, auch wenn sie sich vertragsgerecht verhalten. Und er ist nach Angaben des Deutschen Mieterbunds der häufigste Kündigungsgrund in Deutschland.
Eigenbedarf für berufliche Tätigfkeit und Familienangehörige
Allerdings darf der Vermieter nicht ohne weiteres Anspruch auf sein Eigentum erheben, wenn ein Mieter darin wohnt. „Dazu braucht er ein berechtigtes Interesse“, erklärt Ulrich Ropertz, Sprecher des Deutschen Mieterbunds. „Das liegt vor, wenn er die Räume für sich selbst, seine Familienangehörigen oder Angehörige seines Haushalts benötigt.“ Eigenbedarf kann auch dann bestehen, wenn der Vermieter die Wohnung ausschließlich für seine berufliche Tätigkeit oder die eines Familienangehörigen nutzen will, entschied der Bundesgerichtshof (Aktenzeichen: VII ZR 330/11).
Kündigung der Wohnung bei Eigenbedarf kann auch für entfernte Verwandte gelten
Als Familienangehörige gelten Verwandte in gerader Linie, also Eltern und Kinder des Vermieters. Aber auch zugunsten von Enkelkindern oder Geschwistern kann der Vermieter dem Mieter den Mietvertrag kündigen. Mit einem Urteil des Bundesgerichtshofs wurde dieser Kreis der Berechtigten vor kurzem sogar auf weiter entfernte Verwandte wie Nichten und Neffen erweitert (Aktenzeichen: VIII ZR 1509/09).
Nicht zur Verwandtschaft gehört jedoch nach Ansicht des Amtsgerichts Hamburg der geschiedene Ehegatte (Aktenzeichen: 43b C 250/95). Auch die Eltern der Lebensgefährtin, Stiefkinder, Großcousinen zählen nicht zum Kreis der Begünstigten. Allerdings kann auch für solche entfernten Verwandten Eigenbedarf angemeldet werden, wenn ein besonders enger Kontakt zu ihnen besteht. Auch wenn zum Beispiel Personal für die Pflege des Vermieters oder seiner Angehörigen in der Wohnung untergebracht werden soll, liegt Eigenbedarf vor.
Kündigung der Wohnung bei Eigenbedarf bedarf der Schriftform
Die Kündigung des Mietvertrags wegen Eigenbedarfs muss dem Mieter schriftlich mitgeteilt und begründet werden. Dabei ist der bloße Wunsch, in der eigenen Wohnung auch zu wohnen, kein ausreichender Kündigungsgrund. Der Eigentümer muss vernünftige und nachvollziehbare Gründe dafür haben, dass er oder ein Familienangehöriger in die Mietwohnung zieht. Wird die Wohnung wegen Eigenbedarf gekündigt, besteht die Möglichkeit zum Widerspruch. Für den Schlimmstenfall hat der Mieter mehrere Monate Zeit sich nach einer Alterntive umzusehen.
„Die Kündigung muss so begründet werden, dass der Mieter sich in groben Zügen ein Bild von geltend gemachten Bedarf machen kann“, informiert der Mieterverein zu Hamburg. Er verweist auf ein Urteil des Landgerichts Hamburg, nachdem es durchaus nachvollziehbar ist, wenn ein Paar mit Kinderwunsch einen Raumbedarf von vier Zimmern auf 130 Quadratmetern Wohnfläche anmeldet (Aktenzeichen: 311 S 206/99).
Nach Ansicht des Amtsgerichts Lörrach ist es auch nicht überzogen, wenn der 33-jähriger Eigentümer allein in seine 113 Quadratmeter große Wohnung einziehen will (Aktenzeichen: 4 C 50/12).
Der Vermieter oder seine Angehörigen müssen nicht unbedingt unzureichend untergebracht sein, um sich auf Eigenbedarf berufen zu können. Wird das aber behauptet, müssen die bisherigen Wohnverhältnisse offen gelegt werden.
Beweislast bei Eigenbedarf: Vorgeschobener Eigenbedarf muss nachgewiesen werden
Auch wenn die Gerichte in jüngster Zeit zunehmend zugunsten der Vermieter entscheiden, sollten Mieter eine Eigenbedarfskündigung nicht einfach hinnehmen. Denn nicht immer ist sie im Mietrecht berechtigt. Manchmal ist der Eigenbedarf nur vorgeschoben, um den Mieter loszuwerden und danach die Wohnung teurer zu vermieten oder zu verkaufen. Das muss der Mieter aber nachweisen und er sollte selbstverständlich im Streitfall um die Eigenbedarfskündigung seinen vertraglichen Pflichten nachkommen und die Miete auch weiter zahlen. Unabhängig davon wie viele Monate die Ausseinandersetzung um die Eigenbedarfskündigung anhält.
Dafür reicht es laut Mieterbund schon aus, wenn er zum Beispiel herausfindet, dass direkt nach seinem Auszug die Wohnung zum Verkauf angeboten wurde oder dass nicht die im Kündigungsschreiben genannte Person eingezogen ist, sondern jemand anders. Liegen so starke Indizien für einen vorgetäuschten Eigenbedarf vor, muss der Vermieter seinerseits beweisen, dass ursprünglich tatsächlich Eigenbedarf vorlag und bis zum Auszug des Mieters auch bestand.
War der Eigenbedarf nur vorgeschoben, ist die Kündigung hinfällig und der Vermieter muss gegebenenfalls sogar Schadenersatz an die Mieter zahlen.
Mancher Vermieter behauptet dann, der Eigenbedarf sei weggefallen. Aber das ist kein gutes Argument. Denn der Vermieter muss den Mieter unverzüglich darüber informieren, wenn sich die Situation ändert. Allerdings besteht diese Hinweispflicht nur bis zum Ablauf der Kündigungsfrist (Aktenzeichen: Bundesgerichtshof VIII ZR 339/04 und Bundesverfassungsgericht I BvR 31/06).
dapd.djn/T2013013001775/kaf/K2120/mwo
Weitere Informationen, unter anderen zu den Kündigungsfristen bei Eigenbedarf finden Sie hier: de.wikipedia.org/wiki/Eigenbedarf_%28Mietrecht%29