— von Katja Fischer — Seine Nachbarn kann man sich in der Regel nicht aussuchen. Doch sie entscheiden wesentlich mit über die Lebensqualität im eigenen Heim. Die leidet empfindlich, wenn es immer wieder zu Streitigkeiten kommt. Zu hohe Hecken, überhängende Äste, Grillschwaden, laute Musik, Wurzeln, die sich durch Nachbars Garten winden, Baulärm, zu geringer Grenzabstand von Garagen oder Schuppen – Anlässe gibt es viele.
Der gute Wille zu einer harmonischen Nachbarschaft ist zwar hilfreich, genügt aber nicht. Es gibt ein Regelwerk von Bebauungsplänen, Vorschriften und Bestimmungen im Nachbarrecht, an das sich alle Beteiligten halten müssen. Das Bürgerliche Gesetzbuch enthält grundsätzliche Regelungen für Konflikte an der Grundstücksgrenze, für Beeinträchtigungen durch Immissionen und drohende Gefahren vom Nachbargrundstück. Konkretere Bestimmungen sind in den Nachbarrechtsgesetzen der einzelnen Bundesländer enthalten, deren Regelungen etwas voneinander abweichen.
„Viele Auseinandersetzungen unter Nachbarn beginnen damit, dass im wahrsten Sinne des Wortes die Grenze überschritten wird“, erklärt Stefan Bentrop, Kooperationsanwalt des Verbands Privater Bauherren (VPB). „Oft spielt die Bebauung in Grenznähe eine Rolle oder vom Nachbarn herüber wachsende Pflanzen oder Wurzeln. Auch Einfriedungen wie Zäune, Mauern oder Hecken können zum Streitthema eskalieren.“
Vorausschauend pflanzen
Oft müssen die Gerichte entscheiden, wenn sich Nachbarn nicht einigen können. Das Landgericht Coburg gab zum Beispiel einem Gartenbesitzer Recht, der es nicht hinnehmen wollte, dass Äste von Nachbars Bäumen über seinen Zaun ragten, nadelten und den Garten verschatteten (AZ: 33 S 26/08). Nach einem Urteil des Bundesgerichtshofes darf ein Bewohner Baumwurzeln vom Nachbarn, die auf dem eigenen Grundstück Schäden verursachen, auf Kosten des Nachbarn entfernen (AZ: V ZR 99/03). Sogar Pflanzen, die hinter einer Sichtschutzwand stehen, dürfen nicht unbegrenzt in die Höhe wachsen. Sonst hat der Nachbar Anspruch auf einen Rückschnitt, allerdings nur bis zur Höhe der Wand. Das geht aus einem Urteil des Amtsgerichts München hervor (AZ: 173 C 19258/09).
Um solche Auseinandersetzungen zu vermeiden, sollten Grundstücksbesitzer von vornherein daran denken, dass auch aus kleinen Setzlingen später große Pflanzen werden können, die dem Nachbarn die Sicht nehmen. „Damit ein Grundstück ausreichend Licht bekommt, sollen Anpflanzungen unmittelbar an der Grundstücksgrenze kleiner gehalten werden als auf dem übrigen Grundstück“, rät Stefan Bentrop. „Die Regel heißt: Je näher Baum, Strauch oder Hecke der Grenze stehen, desto kürzer müssen sie gehalten werden.“
Problem energetische Sanierung
Während man bei der Bepflanzung des eigenen Gartens leicht Rücksicht auf den Nachbarn nehmen kann, stehen viele Hausbesitzer vor einem Problem, wenn sie ihr Gebäude, das auf der Grundstücksgrenze steht, energetisch sanieren wollen. Wird das Haus mit einer dicken Dämmschicht eingepackt, ragt diese zwangsläufig einige Zentimeter über das Nachbargrundstück. Die Frage, ob der Eigentümer des betroffenen Nachbargrundstücks dulden muss, dass sich die Wärmedämmung des Nachbarhauses auf seinem Grundstück befindet, verneinte das Oberlandesgericht Karlsruhe zwar im Jahr 2009. Seiner Ansicht nach darf ein Hauseigentümer seine Außenwand nicht dämmen, wenn die Dämmplatten in den Luftraum des Nachbargrundstücks ragen (AZ: 6 U 121/09). Aber seitdem haben einige Bundesländer schon ihre Gesetze geändert und die Nachbarn zur Duldung verpflichtet, um die energetische Sanierung der Gebäude voranzubringen. Wer plant, seine Fassade zu dämmen, sollte also unbedingt zuvor einen Blick in die Landesgesetze werfen und am besten mit seinem Nachbarn eine schriftliche Vereinbarung treffen.
Es empfiehlt sich ohnehin immer, zuerst das Gespräch zu suchen, ehe man vor Gericht zieht. Denn manche Klage gegen Nachbarn wirkt auch lächerlich. Wie die eines Mannes, der sich durch den erhobenen, und mit einem Verband versehenen Mittelfinger eines Gartenzwergs in seinem Persönlichkeitsrecht verletzt sah. Das Amtsgericht Elze sah darin keine Beleidigung. Allein das Wissen um den Finger unter dem Verband genüge nicht für die Annahme einer beleidigenden Geste. Der Kläger musste weiter mit dem Anblick leben (AZ: 4 C 210/99).
dapd.djn/kaf/K2120/mwo