Schlichten ist billiger als klagen – Nachbarschaftsstreitigkeiten müssen nicht vor dem Richter ausgetragen werden –Von ddp.djn-Korrespondentin Katja Fischer–
Berlin (ddp.djn). Viele Nachbarschaftsstreitigkeiten enden vor Gericht. Nicht selten sind es Bagatellen wie ein über den Gartenzaun herausragender Ast oder Hundegebell zur Mittagszeit, die Richter und Anwälte beschäftigen, eine Menge Geld kosten und die Nerven der beteiligten Parteien zerrütten.
Das muss nicht sein. Der Verband Wohneigentum rät Streithähnen, es erst einmal mit einer gütlichen Einigung zu versuchen. Dafür gibt es Schlichtungs- oder Gütestellen. Sie sind vom Staat beziehungsweise dem jeweils zuständigen Oberlandesgericht anerkannt und dienen dazu, zivilrechtliche Unstimmigkeiten außergerichtlich beizulegen. Bei Streitwerten von je nach Bundesland bis 600 oder 750 Euro ist es in einigen Bundesländern sogar Pflicht, erst die Klärung durch eine Schlichtung zu versuchen, so der Verband.
Ziel einer Schlichtung ist es, einen für beide Kontrahenten akzeptablen Kompromiss zu finden, erklärt Martin Breidbach von der Gütestelle des Landesverbandes Hessen. Der Ablauf ist relativ unkompliziert. Der Antragsteller wendet sich an die Gütestelle mit der Bitte, als neutraler Dritter in einem Streitfall zu vermitteln. Dem Antragsgegner geht dann eine Ladung zu einem Schlichtungsgespräch zu. Weigert sich dieser, an der Schlichtung teilzunehmen, erhält der Antragsteller eine Erfolglosigkeitsbescheinigung. «Wenn eine Partei nicht einmal versuchen will, den Streit gütlich beizulegen, macht das keinen guten Eindruck», weiß Breidbach. In Bundesländern, die ein außergerichtliches Güteverfahren vorschreiben, kann ein Gericht die Klage dann sogar als unzulässig abweisen.
Kommt es zu einem Schlichtungsgespräch, wird zunächst ein Treffen vereinbart, möglichst an einem neutralen Ort. Der Antragsteller trägt dann seine Einwände vor und der Gegner kann sich ebenfalls äußern. Das Schlichten von Konflikten mit Hilfe einer Gütestelle hat den Vorteil, dass sich die Streitenden ohne große juristische Regularien, quasi auf Augenhöhe treffen. Es werden weder Zeugen noch Sachverständige gehört. Trotzdem sind Kompromisse rechtlich verbindlich und werden vor Gericht anerkannt. Strafen, in Form von Bußgeldern, kann eine Gütestelle nicht verhängen.
Kommt es zu einer Einigung, legt die Gütestelle dies schriftlich fest und bestimmt eine Frist, in der die gefundene Lösung umgesetzt werden muss. Läge also der klassische Fall überhängender Zweige vor und die Parteien hätten sich darauf geeinigt, dass der Besitzer des Baumes diese entfernt, setzt die Gütestelle einen Termin dafür fest.
Kommt der Antragsgegner, in diesem Fall der Baumbesitzer, der vereinbarten Forderung nicht fristgerecht nach, erhält der Antragsteller wieder eine Erfolglosigkeitsbescheinigung. Landet der Fall dann doch noch vor Gericht, wird der Streit aber nicht komplett neu aufgerollt. Der schriftlich von der Gütestelle vereinbarte Konsens hat Bestand.
Schlichtungsverfahren haben eine hohe Erfolgsquote und sind sehr viel günstiger als ein Prozess. Im Landesverband Hessen beispielsweise trägt der Antragsteller nur die Kosten für die Postzustellungsurkunden, die beiden Parteien als Ladung zu dem Schlichtungsgespräch zugehen. «Insgesamt sind das etwa zwölf Euro», so Breidbach. Im Vergleich zu einem aufwendigen Rechtsstreit mit Anwälten, Sachverständigen und Richtern also kaum der Rede wert. Außerdem ist eine gütliche Einigung unter Nachbarn grundsätzlich erstrebenswert.
Schlichtungsstellen gibt es auch für Auseinandersetzungen zwischen Mietern und Vermietern. Dabei geht es meist um Betriebskosten, Wohnungsmängel, Tierhaltung oder die Reinigung der Treppen. Vor allem, wenn beide Seiten das Mietverhältnis fortsetzen wollen, sollten sie nach einer gütlichen Einigung suchen.
Während das gesetzliche Schlichtungsverfahren für bestimmte Fälle vorgeschrieben ist, ist der Gang zur Mietschlichtungsstelle freiwillig. Denn sie wurden auf privatrechtlicher Grundlage gebildet, sind meist paritätisch besetzt mit Vertretern des Mieter- und des Haus- und Grundbesitzervereins. Sie haben keine Entscheidungsbefugnis, sondern können nur versuchen, einen Streit zu schlichten und einen Vergleich zwischen den Streitparteien herbeizuführen.
Allerdings ist es nur sinnvoll, die Mietschlichtungsstelle einzuschalten, wenn auf Zahlung geklagt werden soll. Die Streitsumme darf aber 750 Euro nicht überschreiten. Zustimmungsklagen fallen nicht in die Zuständigkeit der Schlichter, wie beispielsweise die Forderung an den Mieter, einer Erhöhung auf die ortsübliche Vergleichsmiete zuzustimmen.
Die Mietschlichtungsstellen, die meist von den örtlichen Mietervereinen angeboten werden, finden nur wenig Zulauf, so der Deutsche Mieterbund (DMB). Es lohnt sich aber, dieses Instrument zu nutzen, denn es kann den Rechtsweg verkürzen und viel Geld sparen, Steuergeld und privates Vermögen.
ddp.djn/kaf/mwo