— von Michael Wojtek — Die Grünen haben die Benzinpreispolitik der Mineralölkonzerne unter die Lupe genommen und ihnen Abzocke der Verbraucher vorgeworfen. Einer am Mittwoch veröffentlichten Auftragsstudie der Grünen-Bundestagsfraktion zufolge wurden die Autofahrer in einem Monat mit überhöhten Benzinpreisen um 100 Millionen Euro erleichtert. Auch der ADAC kritisierte das Vorgehen der Multis. Der Mineralölwirtschaftsverband (MWV) wies die Vorwürfe zurück.
Laut Studie, die den Zeitraum der vergangenen drei Monate untersuchte, hätte der Benzinpreis an der Tankstelle durch den gestiegenen Rohölpreis und das Währungsverhältnis Dollar/Euro um rund 6,6 Cent pro Liter steigen dürfen. Stattdessen seien es mehr als elf Cent gewesen. Die Mineralölbranche habe damit rund 4,7 Cent pro Liter zusätzlich auf den Preis geschlagen, denen keine Kosten gegenüberstünden. Lege man diese 4,7 Cent auf die getankte Menge Benzin in Deutschland in einem Monat um, komme man auf die Zahl 100 Millionen Euro.
Grünen-Fraktionsvize Bärbel Höhn sagte unter Verweis auf die Studie, es sei „ärgerlich, dass die Mineralölkonzerne im Windschatten der Irankrise ihre Gewinne auf Kosten der Verbraucher ausweiten“. Es gebe keinen funktionierenden Wettbewerb bei den Tankstellen. Das Bundeskartellamt habe nicht die gesetzlichen Möglichkeiten, um hier stärker zu kontrollieren und einzugreifen. Deswegen müssten die Rechte des Kartellamts umgehend gestärkt werden.
„Geschäftspolitik ist nicht hinnehmbar“
Der ADAC warf den Mineralölkonzernen vor, sie versuchten, die Autofahrer mit nicht mehr nachvollziehbaren Preissprüngen an den Zapfsäulen abzukassieren. „Diese Geschäftspolitik ist nicht hinnehmbar“, sagte ADAC-Präsident Peter Meyer. Nach Beobachtungen des Automobilclubs änderten sich die Preise an den Tankstationen mehrmals am Tag mit Verschiebungen von bis zu zehn Cent. Meyer forderte die Bundesregierung auf, für eine Verbesserung der Wettbewerbssituation auf dem Kraftstoffmarkt zu sorgen.
Laut ADAC hat der Benzinpreis mittlerweile einen neuen Höchststand erreicht. Im bundesweiten Durchschnitt müssen die Autofahrer derzeit 1,660 Euro je Liter Super E10 bezahlen, wie der Autoclub in München mitteilte. Dies sei ein Anstieg von 1,7 Cent im Vergleich zur Vorwoche. Diesel koste 1,534 Euro je Liter und sei damit nur noch 0,4 Cent billiger als beim Rekordhoch im Juli 2008.
Der Mineralölwirtschaftsverband erklärte in Berlin, die Grünen-Studie ignoriere die Marktrealität bei den Benzinpreisen und komme zu völlig falschen Ergebnissen. Im Betrachtungszeitraum der Studie seien die Beschaffungskosten für Benzin um 14,7 Cent pro Liter gestiegen, der Tankstellenpreis für Benzin aber nur um 14,5 Cent pro Liter. Es seien nur die gestiegenen Beschaffungskosten an den Kunden weitergeben worden „und kein Cent mehr“, sagte MWV-Hauptgeschäftsführer Klaus Picard.
Der Ölpreis sei nur bedingt mit dem Benzinpreis gleichzusetzen. Zwar bedinge der Ölpreis grundsätzlich den Preis der aus Rohöl hergestellten Produkte. Entscheidend für den Tankstellenpreis seien aber die Einkaufskosten für Benzin und Diesel. Diese seien Weltmarktpreise, die sich aus Angebot und Nachfrage bildeten.
dapd.djn/T2012032100337/mwo/mwa