Maßgeblich ist die DIN-Norm zur Zeit des Hausbaus – Mieterbund: «Problematisch» –Von Norbert Demuth–
Karlsruhe. Der Bundesgerichtshof hat Vermietern beiAuseinandersetzungen um den Schallschutz einer Wohnung den Rückengestärkt. Mieter könnten grundsätzlich keinen besseren Schallschutzals jenen erwarten, der zur Zeit des Hausbaus galt, entschied der BGH am Mittwoch in Karlsruhe. Eine Ausnahme gelte nur, wenn es imMietvertrag entsprechende gesonderte Vereinbarungen zu den DIN-Normengebe. Im vorliegenden Fall aus Bonn sah der BGH eine Mietminderungwegen unzureichender Trittschalldämmung als nicht rechtmäßig an.
Der Deutsche Mieterbund (DMB) kritisierte die BGH-Entscheidung alsproblematisch. «Sie reduziert Mieteransprüche auf Schallschutz bis andie Grenze der Zumutbarkeit», betonte DMB-Direktor Lukas Siebenkotten in Berlin. Dagegen begrüßte der Spitzenverband der privaten Immobilienwirtschaft das Urteil als «praxisgerecht». Es sei«wohltuend», dass der BGH den geschuldeten Schallschutz nicht anhand von Qualitätserwartungen definiere, sondern auf die zur Errichtungszeit des Hauses vorhandenen technischen Normen abstelle,erklärte der Bundesverband Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen(BFW).
Im konkreten Fall hatten die Wohnungsmieter die Miete für den Zeitraum von April 2006 bis Dezember 2007 um insgesamt rund 1700 Euro gemindert. Dies entsprach zehn Prozent der Bruttomiete. Als Grundgaben sie Mängel der Trittschalldämmung ihrer Wohnung zur darüberliegenden Wohnung an.
Die Vermieter der Wohnung in dem acht Jahre altenMehrfamilienhaus, die mit ihrer Klage noch vor dem Landgericht Bonngescheitert waren, bekommen nun die Mietrückstände von rund 1700 Eurozurück. Ihre Revision war erfolgreich. Das Landgericht hatte nochbetont, dass lediglich die DIN 4109 nach dem Stand von 1989 erfülltsei, also ein Mindestschallschutz mit einem Grenzwert von 53 Dezibel,der vor «unzumutbaren Belästigungen» schützen soll. Ein Mietererwarte inzwischen aber eine darüber hinausgehende «mittlereQualität».
Der BGH sah die Wohnung jedoch nicht als mangelhaft an. Mehr alsdie Einhaltung der DIN 4109, die zur Zeit der Errichtung des Gebäudesgalt, hätten die Mieter nicht erwarten können. Eine früherebaurechtliche Entscheidung des BGH, wonach für eine 1997 gebaute Doppelhaushälfte die Schallschutznormen der DIN 4109 nicht den anerkannten Regeln der Technik entsprechen, lasse sich nicht auf dasMietrecht übertragen. Denn im Mietverhältnis seien in erster Liniedie konkreten vertraglichen Vereinbarungen über die«Sollbeschaffenheit der Wohnung» maßgeblich und «nicht die Einhaltungbestimmter technischer Normen» wie bei einem Bauwerk.
Der Mieterbund kritisierte weiter, Mieter müssten Anspruch aufeinen Schallschutz mittlerer Art und Güte haben. Der werde aber nichtdurch die DIN 4109 von 1989 beschrieben. Die DIN regele lediglich Mindestanforderungen zur Vermeidung unzumutbarer Belästigungen. «Derübliche Komfort- und Trittschallstandard darf nicht schematisch voneiner technischen Norm abhängen», betonte DMB-Direktor Siebenkotten.Mieter sollten deshalb schon bei Abschluss des Mietvertrages daraufachten, dass eine Regelung zum Schallschutz aufgenommen wird.Anhaltspunkte biete die VDI-Richtlinie 4100 mit dreiSchallschutzstufen.
(AZ: VIII ZR 85/09 – Urteil vom 7. Juli 2010)
(Quellen: DMB und BFW in Mitteilungen)
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